„… manchmal such ich mich selbst…“
Es sind diese Aussagen, die ich manchmal treffe, wenn ich bei meiner Therapeutin bin. Sie hat noch keines meiner Probleme gelöst, noch nicht mal annähernd mit dem eigentlichen Thema begonnen. Aber sie treibt mich in die Ecke, immer wieder. Bis ich Tränen in den Augen hab, bis ich schwer schlucken muss, bis ich Dinge wie „… ich find mich manchmal selber nicht mehr…“ sage…
Es ist wahr, ich habe so viel meiner selbst irgendwo begraben, hinter Mauern gesichert, in Festungen verwahrt, dass ich selbst manchmal nicht mehr sicher bin, wie viel von mir eigentlich noch übrig ist. Wie viel Herz, wie viel Verstand, wie viel Seele steckt da eigentlich noch drin in diesem kleinen, verlebten Körper? Wie viel Wille, wie viel Geist, wie viel Mut? Ich weiß es nicht mehr. Ich lerne, dass ich mit dem Herzen oder dem Verstand entscheide und das andere danach begrabe, irgendwo hinter meiner Festung auf dem Feld der vergessenen Träume. Neben all den Hoffnungen, einem Teil meines Glaubens und all den Träumen, die nie den Wert hatten, wahr zu werden…
Ich lerne, wie viel Schuld ich selbst trage an meinem täglichen Scheitern und dass ich mich zutiefst beugen müsste vor der Gesellschaft, um normal existieren zu können. Ganz ehrlich, dann scheiter ich lieber weiter…
Selbst dieses eine für mich so wichtige Ziel, unverletzbar zu werden, wird nie erreichbar sein. Es würde mich den letzten Funken Mensch in mir kosten. Und doch ist es wohl das, worum es letztendlich geht; ich wollte nie mehr verletzt werden. Von niemandem. „… von außen wurd ich hart wie Stein und doch hat man mich oft verletzt…“ – aus Tabaluga. Eine Zeile, die mich früh geprägt hat, nachdem ich sie in einem Lied auf der Kassette meines Vaters gefunden hatte. Und genauso hab ich danach gelebt; ich wurde hart wie Stein und wollte irgendwann, dass mich genau deswegen niemand mehr verletzen kann. Was ich dabei vergessen habe; die Liedzeile danach: “ erst dann, wenn ich nichts mehr spüren kann, weiß ich es ist für mich zu spät…“. Ich hab sie einfach übersehen, diese Zeile in diesem Lied und vor allem; ich hab sie nie verstanden. Und heute steh ich hier und versuch mich zu erinnern. Daran zu erinnern, wie es ist, menschlich zu sein, nicht durch und durch hart. Und ich such diesen Teil in mir, der noch was spürt und ich merke immer wieder, wie wenig das geworden ist…
Vielleicht war es eine dumme Idee, hart wie Stein zu werden. Vielleicht, aber Tatsache ist halt auch, dass ich genau deswegen überlebt habe. Nicht nur diese Welt da draußen, die mir zu oft zu hart war, sondern auch und besonders mich selbst. Ich hab mich überlebt und jetzt ist es an der Zeit, aus diesem letzten Funken Mensch in mir wieder ein Feuer zu machen…
