27. Januar … woran zerbrechen wir diesmal?

Um 11 Uhr haben wir heute einen Termin beim Gericht. Ich habe veranlasst, dass mein eigenes Kind in eine geschlossene Einrichtung kommt. Zwangseinweisung. Wie sehr hab ich mich vor diesem Tag gefürchtet und ich wusste all die Jahre, dass er kommen wird…

Seit Dezember kämpfen wir wieder mit den Aggressionen meines Kindes. Er bedroht uns sogar mit „ich bring euch um“, er bespuckt uns, beleidigt uns, wirft Gegenstände nach uns. Wenn ich kochen will muss ich erst mal eines der versteckten Messer suchen…

Seit inzwischen zwei Jahren bin ich in Therapie und jeden einzelnen erkämpften Zentimeter meiner selbst, dem ich dadurch wieder näher gekommen bin, zerfällt jede Tag ein Stück mehr. Alles umsonst, die ganze investierte Zeit. Jedes mal, wo ich mich vor meiner Therapeutin seelisch nackt gemacht habe, umsonst. Und ihr wisst gar nicht, wie schwer es mir fällt, über mich selbst zu sprechen. Ich weiß nicht, ob ihr das kennt aber immer wenn ich spreche habe ich die passenden Bilder im Kopf. Ich denke auch in Bildern, weshalb ich mir das Denken wahrscheinlich abgewöhnt habe. Manche Bilder will man einfach nicht sehen…

Wünscht mir Glück heute, ich kann es brauchen. Wenn mein Sohn heute bei Gericht erfährt, dass ich für seine Einweisung verantwortlich bin, dann wird er komplett ausrasten. Ich hoffe nur, er erwischt mich und nicht seinen Bruder..

Er weiß auch nicht, dass ich letztendlich ihn auch vor sich selbst schützen muss. Er kennt einfach keine Gefahr und wenn man ihn drauf anspricht, dann heißt es nur „Kann passieren, jeder muss mal sterben!“ Er hat auch keine Ahnung, wie sehr mich das alles grade zerreißt. Wie sehr habe ich mir gewünscht, dass wir es diesmal schaffen. Wie sehr habe ich mir gewünscht, ihn weitere Heime und Einrichtungen zu ersparen. Egal wie schlimm es wieder bei uns Zuhause war und ist; nach zweieinhalb Jahren konnte ich endlich wieder schlafen. Die Augen zumachen, ohne dass irgendwelche gefürchteten Bilder in meinem Kopf auftauchen. Ohne die nie still werdende Frage in meinem Kopf; geht es ihm gut? Kann er schlafen? Weint er grade? Wird ihm wieder etwas angetan? Dieser Frieden in meinem Mutterherz, der war so heilsam und befreiend. Aber was ist er wert, wenn man ständig Angst vor seinem eigenen Kind haben muss. Und wie viel Angst muss erst sein Bruder haben…

Des einen Freud, des anderen Leid; einen muss man am Ende unglücklich machen. Vielleicht weil man einfach nicht alles haben kann…

Bild von Herm auf Pixabay 

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